Vereinslokal

eine ste&d-blühte (in kooperation mit stephan haltiner)
die intervention vereinslokal ist eine hausgeburt von müller - wandert und vereint, dem wanderverein und der gefolgschaft von müller.

am 8. april erfolgt die intervention mit der vereinsgründung (vernissage). der kunstraum schalter mutiert zum vereinslokal mit foto, film, jasstisch und wandersimulator. zur vernissage werden gemeinsam in geselliger runde wanderlieder gesungen.

am 9. april erfolgt die wanderung durchs urbane basel.

über kunst, sinn und zweck der arbeiten zu kuchen und tee zu sprechen, ist der 24. april vorgesehen.

Die Zürcher Künstler ste&d stellen in der Galerie «Schalter» ihr neustes gemeinsames Projekt «VEREINSLOKAL» aus. Für die Dauer von drei Wochen wird die Galerie zum Vereinslokal des «Wandervereins Müller», dessen Gründung zum Auftakt der Ausstellung stattfindet. Eine Galerie, die zur Lokalität eines Wanderervereins wird, das kann schon auch komisch sein. Und das solle es auch: Wenn die Galerie als Ort einer urbanen Denk- und Lebensweise, zum temporären Versuchsfeld eines folkloristischen Gesellentums wird, darf auch jene Heiterkeit nicht fehlen, die man weder beim Jassen noch bei einer schönen Wanderung vermissen möchte. Die Geselligkeit der Situation nehmen Stephan Haltiner und Daniel J. Imbach durchaus ernst. Ihre Arbeit setzt sich mit einer tradiertem und oftmals auch nur allzu klischierten Stück Schweizer Kultur auseinander, aber ohne aus einer belustigten oder sozial-voyeuristischen Position aus zu beobachten und zu argumentieren. Das künstlerische Arbeiten der Beiden ist denn auch nicht auf die Ausstellung in der Galerie «Schalter» hin fokussiert, vielmehr bietet die Ausstellung den Künstlern die Möglichkeit, ihre bisherige Arbeit genauer zu befragen und zu fassen. Auf einer Vielzahl von Wanderungen durch Schweizer Landschaften haben die beiden Künstler den städtischen Grossraum und seine unaufhörliche Dichte an Inputen verlassen, und sich ganz bewusst der Sinnlichkeit und Stille der Natur ausgesetzt. Die Erfahrung der Natur war dabei immer begleitet von der umso intensiveren Erfahrung des gemeinsamen Erlebnisses, des Teilens und des Austausches. Aus der Konstellation der individuellen sinnlichen Erfahrung und des gemeinschaftlichen Erlebnisses sind dann auch jene Arbeiten entstanden, die in modifizierter Form in der Galerie «Schalter» zu sehen sind. Die collageartigen Film- und Fotoarbeiten von Stephan Haltiner und Daniel J. Imbach sind jedoch weniger als einzelne Beiträge unter dem thematischen Überbaus des «Wanderns» zu sehen, sondern als integrale Bestandteile einer gesamtheitlichen Arbeit, die den Betrachter dazu einlädt, sich auf seine eigene Reise zu begeben. Es sind Kurzgeschichten, aber ohne einen Anfang und ohne ein Ende festzulegen. Es sind Geschichten, die sich mit der eigenen Erzählung des Betrachters verflechten, zur persönlichen Erfahrung im dynamischen Verhältnis von Erlebnis und Erinnerung.

Die Ausstellung «VEREINSLOKAL» ist ein Gefüge aus sich überlagernden und ergänzenden Beiträgen. Es sind Beiträge, die weder eine ästhetische noch die inhaltliche Reinform anstreben. Gerade in ihrer Verschiedenartigkeit eröffnen sie dem Besucher eine Vielzahl von assoziativen Möglichkeiten, sich aus seiner eigenen Erfahrung und Lust heraus mit den Arbeiten auseinanderzusetzen. Das sich dabei manches Bild einer bewusst plakativen Sprache bedient, ist als ein ironisches Zwinkern zu verstehen, dass sich vielmehr auf die Auseinandersetzung mit dem Kontext von Kunstobjekt und Kunstraum als auf die – nur allzu häufig als trivial missverstandene und dargestellte – Lebensweise des singenden und wandernden Bürgertums bezieht. Der Kunstraum dienet den Künstlern dabei als Raum für Experimente, bewusst wird nicht einfach «ausgestellt» sondern dort provoziert, wo ungewöhnliche Antworten möglich scheinen: Das betrifft sowohl Kunstfreunde wie auch Kunstwissenschaftler, aber auch ein Publikum, das Kunst nicht im Kontext des üblichen «Common Sense» rezipiert.

Anders als es oftmals geschieht, holen Stephan Haltiner und Daniel J. Imbach den Alltag so in den Kunstraum, wie er auch stattfindet, mit all seinen plumpen Scherzen, aber auch mit all den überraschenden und unerwartenden Momenten, die sich immer wieder zwischen den tradierten kulturellen Techniken und ästhetischen Praxen öffnen. Wo der Alltag im Kunstraum nicht bloss «Ready Made» ist, nicht bloss ein kuturtheoretisch rezipierter Ausstellungsgegenstand sondern eine physische Betrachtung und Teilnahme an einem Prozess ermöglicht, wird die Frage nach der scheinbar trivialen kulturellen Praxis und die Frage nach der geselligen Wärme des gemeinsamen Erlebens zur Frage nach dem Umgang der eigenen Lebensweise.

Christian Ritter

Mit freundlicher Unterstützung von:
trisport ag, Herr S. Christen, Hochdorf